Caspar David Friedrich: Neubrandenburg
- Öl auf Leinwand
- 1816/1817
Die mecklenburgische Stadt Neubrandenburg liegt etwa 60 km südlich von Greifswald. Caspar David Friedrichs kannte die Stadt, aus der sein Vater stammt, genau, und er hat sie oft gezeichnet.
Fragen werfen Details auf: Wieso ist der Turm der Marienkirche um eine gotische Spitze bereichert und ragt nun wie eine Nadel hoch in den Himmel? Wie kommt der majestätische Mittelgebirgszug oder das Hügelgrab im Vordergrund ins Bild? Hinter der schwarzen Stadtsilhouette bricht gerade die Morgenröte an, die vom nordöstlichen Standort aus nicht gesehen werden kann. Hinzu kommt der kosmische Himmel mit seinen Wolkenwirbeln und den sich nach oben streckenden, an den Rändern gelb leuchtenden Wolkenfingern.
Eine Antwort findet sich in der Betrachtung des Bildes als Bedeutungsträger für eine religiöse Aussage. Die wie ein Vorhang sich öffnenden Wolken in der mittleren Bildebene geben das Licht des kommenden Tages frei. Es verdrängt das Dunkel der Nacht im oberen Bildteil.
Vor diesem überdimensionalen "Hoffnungsschimmer" erscheint die Stadt als Ort der Sehnsucht und Verheißung eines besseren Jenseits. Die beiden Rückenfiguren der andächtig verharrenden Wanderer weisen in das Bild hinein. Sie kommen aus dem im Schatten liegenden "Tal des Todes" mit dem Hünengrab und wenden sich dem Licht des "Himmlischen Jerusalem" zu.
Text: B.F.