Mecklenburg war am 4. Mai 1945 von alliierten Truppen erobert. Das ersehnte Kriegsende mischte sich mit Gerüchten, Panik und Gewalt von disziplinarisch außer Kontrolle geratenen Besatzern.
Die Notversorgung brach zusammen. Typhus grassierte. Die Bevölkerung wuchs durch die Flüchtlinge um die Hälfte. Wohnungen und Arbeitsplätze fehlten. Etwa 30.000 Kinder irrten elternlos durch das Land. Viele deutsche Männer befanden sich in Kriegsgefangenschaft, während zehntausende KZ-Häftlinge und befreite Zwangsarbeiter als „Displaced Persons“ noch in Mecklenburg und Pommern auf ihre Heimreise warteten.
Britische Truppen, die zunächst Westmecklenburg besetzt hielten, zogen bis zum 1. Juli 1945 ab und übergaben die Kontrolle an die Rote Armee. Deren Kommandanturen sowie die Sowjetische Militäradministration in Mecklenburg ließen Befehle durch deutsche Verwaltungen ausführen.
Daneben agierte das Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten der UdSSR als politische Polizei. Menschen, die sich an nationalsozialistischen Verbrechen beteiligt hatten, aber auch solche, die Land oder Unternehmen besaßen oder auch einfach grundlos denunziert worden waren, wurden in Alt-Strelitz oder Neubrandenburg-Fünfeichen in Lagern interniert, die viele nicht überlebten.
Eine weithin begrüßte Bodenreform begünstigte Flüchtlinge, Landarbeiter (zukünftige „Neubauern“) und Kleinbauern. Die Landesbodenkommission bzw. deren Kreis- und Gemeindekommissionen enteigneten 2.007 Güter – knapp die Hälfte der landwirtschaftlichen Fläche. 333 Güter wurden Staatsgüter. In die Gutshäuser zogen meist Flüchtlinge. Die enteigneten Familien sollten mindestens 20 km vom alten Wohnort entfernt umgesiedelt werden. Viele flohen in die Westzonen.
Im Herbst 1945 wurde das „Eigentum des deutschen Staates, der NSDAP und ihrer Organisationen, der Verbündeten des Nazireichs“ beschlagnahmt. Rüstungsbetriebe wie die Flugzeugwerke in Ribnitz (Bachmann), Rostock (Heinkel, Arado) oder Wismar (Dornier) wurden demontiert. Die Industrie erholte sich langsam. Zunächst wurde für den Tagesbedarf produziert: Kochtöpfe, Streichhölzer, Spaten, Sensen oder „Kochhexen“. Viele Männer und Frauen mussten Eisenbahnschienen (das zweite Gleis) und andere Anlagen demontieren, Holz einschlagen oder die Städte von Trümmern beräumen. Die enteignete Boizenburger Schiffswerft, die Lederwerke Neustadt-Glewe oder die Tuchfabrik Malchow wurden „Volkseigene Betriebe“. Die Neptunwerft Rostock und die Plattenfabrik Boizenburg produzierten als Sowjetische Aktiengesellschaften (SAG) bis 1953 für die Reparation.
Neubrandenburg im Mai 1945
Jörg Brücke: Aus dem Trümmerfeld der Innenstadt Neubrandenburg, 1945.
Sammlung der Stiftung Mecklenburg, Inventarnummer: 1989-213.18